2024/7 – KW2

Von Thomas Bernhard war einst zu lesen, man könne schreiben nur durch das Lesen der Zeitung. Nun, zu Thomas Bernhard fehlt mir mehr als nur ein ganzes Stück, aber aus der Zeitung oder eben dem Radio heraus lässt sich tatsächlich gut schreiben. Zumal, wenn man hier im suburbanen Raum sein Dasein fristet und vom Auf und Ab der Welt nur aus zweiter oder dritter Hand erfährt.

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American Buddhish (2016)

I, for example, the monk on stage says, I am trying very hard to be the lowest being in this room. Smiling the ever so non-transparent smile of the transparent Buddhish mind.
And may I say something, he adds rather than asks, just a split second afterwards. Who was it to put up the Tibetan banners in this room? They are not meant to be put up this way, sideways instead of upright, uptight.
These Buddhish monks got their American gig long on, they’re on a mission from god, on a fundraising roadshow, so they do put up the show that The People came to pay for. There was a hat right by the door asking for a ten spot, but sneaky Girls sneaked in and so did I.

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On the King’s Highway

On the King’s Hwy

WE SLEEP IN, usually until somebody knocks at the door, we take our work seriously, writing as a job, this is not starvation road (to a dead horse point), we don’t worry about the bugs, have a spoondrop of fish oil, don’t be such a religious retard, Anne Waldmann takes it, says it’s good for the heart.

Are you waiting for someone to show you the way? Las Vegas or Salt Lake City, clean, fill some dirt in your play place.

Müdigkeit auf nassen Blättern

Diese Müdigkeit auf nassen Blättern.
Es wird in die Hände geklatscht, es ist mir ein Privileg, hier zu sitzen.
Ich ging lächelnd auf euch zu und ihr habt mir einen Kuss auf die Backe gegeben und keine weiteren Fragen gestellt. Das U blinkt mich die ganze Zeit an, es spricht zu mir, U U U U U
Geduld, das ist im Schreiben die wichtigste Tugend, so wie im Lesen, oder auch im Leben, verdammt schwer zu lernen und nie zu verstehen. Weiterlesen →

Von hoher Geschwindigkeit

Gestern Abend im TGV Atlantique.
Ein Vierer-Abteil, ich und ein Typ Mitte 50, zurückgegelte Haare, arabischer Einschlag, einigermaßen hektisch, möglicherweise auf Droge, aber nicht zwingend. Weißes Polohemd mit diesem überdimensionierten Ralph-Lauren-Reiter auf der Brust, old school Nokia Handy, das er gleich zweimal unter den Tisch zwischen uns beiden fallen lässt. Weiterlesen →

15 Jahre illegal (2018)

Zum ersten mal sehen wir ihn, Schorsch, mit dem schwer beladenen A4 Kombi, als er uns kurz vor der Autobahn-Abfahrt Alsfeld Ost überholt und es ist schnell klar, wo die Reise hingeht. Und weil er sich noch verfährt kommt er am Ende sogar noch nach uns in der Neuen Heimat an, angehalten wurde er trotz seines Offenbacher Kennzeichens und der langen Stoner-Mähne nicht, heute noch nicht, sonst passiert schon ganz gerne mal, verdammter Freak, viel zu viel Spaß im Leben.
Die Kollegen kommen später dazu, die Freundin sowieso, ein ganz normales Camp, könnte man sagen; jung, musikbegeistert, etwas melancholisch angehaucht ob der allgemeinen Situation, aber wer ist das nicht, gleichermaßen wütend wie traurig. Weiterlesen →

Traum-Eck / Spinnerbrücke (2016)

Irgendwo, also kurz vor Leichlingen, ziehe ich, fast unbemerkt, 51 Cent aus meiner Hosentasche, es sind meine letzten, um die Passgenauigkeit der Zahl dann doch noch mit einem beglückenden, nach innen gerichteten Lächeln zur Kenntnis zu nehmen.
Die Erkenntnis, dass ich, nach wie vor, ein gesegnter Bastard bin, ein lachender Vagabund. Wie verdammt glücklich wir uns doch schätzen dürfen, so frei und voller Ideen durch die Welt laufen zu dürfen, alldieweil die anderen, eine gute Menge von denen, 80.000 freudlose Autobahnkilometer im Jahr abreißen um ihre Targets zu erfüllen und sich im Zweifel noch nicht mal mehr für Fußball interessieren.

Noch nicht, antwortet Markus auf meine Frage, ob er denn sicher kein Massenmörder sei, und das Zucken, das gleich im Anschluss seinen Business-Körper durchläuft, wirkt nicht unbedingt beruhigend. Tip Top angezogen, einen Hauch zu stark parfümiert, auf dem Weg zurück vom Kundentermin in Wolfsburg, Tempo 200, wenn die Bahn es zulässt, Fisherman’s, Kaugummi, warum nicht auch Speed. Oder irgendetwas anderes, was den Menschen hektisch, unstet, unzugänglich werden lässt, Meth oder Koks, Geld ist ja vorhanden, und die Targets müssen ja auch noch getroffen werden.

Mein Druffi-Radar ist üblicherweise so mies wie mein Gaydar, doch hier schlägt er tatsächlich mal an, der Typ ist sonderbar ungreifbar in seinem Mood Dial, die Unterhaltung stockend und etwas gezwungen, ich muss aufpassen, dass ich nicht allzu hippie-cool rüberkomme, dann lacht er wieder und drückt das Gaspedal runter, es ist alles ein bizarrer Witz, sagt er, der ganze Deal mit den Autos und so.

Von jeder Reise kehrt man verändert zurück, sagte das russische Mädchen in solchen Fällen.

Was Markus zum Spaß anstellt wird nie so richtig klar und ich traue mich auch nicht, tiefer in ihn einzudringen. Als Anhalter ist man gewissermaßen zur Konversation angehalten, nicht zur Investigation. Der Fußball juckt ihn wie gesagt nicht, Musik, Filme, Kunst, Fehlanzeige. Bücher, geht weiter, Reisen vielleicht, aber wohin, vielleicht ja Sex, Wellness, Shopping oder sowas.
Bis Leichlingen finde ich es auch nicht mehr heraus, wir sind dann beide unausgesprochen ganz froh, dass die gemeinsame Zeit ein Ende findet, ich drücke ihm eines meiner Pamphlete in die Hand, etwas aus einer anderen Welt, sage ich, und lasse mich erstmal von den Prolls am Bahnhof für mein Pappschild und das Trampen feiern. 
Dass es sowas in Deutschland überhaupt noch gibt, viel zu geil, jubeln sie, das Urvertrauen ist wohl ziemlich unten in der Republik.

In fünf Jahren, so hofft Markus, wird das alles nicht mehr nötig sein. Morgens um fünf raus, drei Stunden nach Wolfsburg, drei Stunden Kaffeetrinken und Smalltalk mit dem Kunden, dann wieder drei Stunden zurück über die verstopften Autobahnen, und alles nur, auf dass der Kunde noch mehr Autos verkaufen kann. Sein Zynismus lässt sich nur mit Mühe hinter dem Berge halten. Morgen geht’s dann schon weiter, 500km nach Ingolstadt, Freitag zurück, vom dort erlassenen deutschen Reinheitsgebot hat er noch nie was gehört, Bier trinken, das war einmal, heute heißt es immer gleich Compliance.
Dabei war doch nie mehr Korruption als jetzt, sage ich und er pflichtet mir sofort bei. Mann muss es wohl nur besser verstecken, oder eben garnicht mehr, Entrance Fee heißt das dann, nur dass es direkt an die Firma geht und nicht mehr an den Menschen.

Plötzlich stehe ich dann in Köln-Deutz und muss mich erst mal wieder sammeln. Die fünf Jahre bin ich locker voraus. Das Stoppieren ist wie so eine Art Warp Speed, oder auch eine frühreife Form der Telekinese, Human Teleportation, wirklich und geil.
Eben stehe ich noch auf dem Parkplatz an der Spinner-Brücke, mit den ewig grinsenden Hippie-Mädchen und den youtube-oogles. Dann geht alles ganz plötzlich, das ist das geile am Trampen, rein in den Skoda Octavia, Rasthof Auetal, Lachsbrötchen für 4,49, daher die 51 Cent, das ich gerade zur Hälfte gegessen bekomme, bis der nächste Octavia hält, neueres Modell, mit dem Zyniker am Steuer, blessed and dizzy, the livin’ proof.
Die Frage ist eine alte, oft gestellt, und kaum einmal zufriedenstellend beantwortet. Wie ist das mit dem Sehen und dem Wollen, mit der selektiven Wahrnehmung, der hypersensitiven Deutung von Zeichen und der esoterischen Dichte, dem Geklacker der metamoderen Links und der andauernden Beschwörung von keinen Zufällen?
In Rimmberg liegt das Orm immer noch wie ein ungeschütztes Starkstromkabel auf der Straße herum, fast muss man aufpassen, dass man nicht drauf ausrutscht. Und wenn man nicht und zwanghaft kreativ versessen darauf ist, hier für immer dazugehören zu müssen, dann hält die Stadt sogar jung.

 

Ein blaues Nichts (2010)

Nach zwei Jahren teils ausgiebiger Nutzung habe ich nun, pünktlich zur Sonnenwende mein Facebook-Profil gelöscht. Bzw. deaktiviert. Ohne Vorankündigung oder Abschiedsschreiben. Über die konkreten Begleitgedanken ist nicht viel zu verlieren, das wurde in Blog-Form schon mehr als hinreichend dargestellt. Es geht – hier zumindest – auch nur am Rande um Aspekte wie Facebook-Suchtverhalten, Privatsphäre oder deren Verlust, oder das Geschäftsgebahren eines jungen Universitätsabsolventen aus Harvard. Weiterlesen →