Diese Müdigkeit auf nassen Blättern.
Es wird in die Hände geklatscht, es ist mir ein Privileg, hier zu sitzen.
Ich ging lächelnd auf euch zu und ihr habt mir einen Kuss auf die Backe gegeben und keine weiteren Fragen gestellt. Das U blinkt mich die ganze Zeit an, es spricht zu mir, U U U U U
Geduld, das ist im Schreiben die wichtigste Tugend, so wie im Lesen, oder auch im Leben, verdammt schwer zu lernen und nie zu verstehen. Einmal in die Runde geschaut, nix kontrollieren, keine Polizei, hoffentlich nicht, aber wer weiß, kann man sich ja dieser Tage nicht mehr wirklich sicher sein. Was sind das für Menschen, eben noch hier, morgen schon wieder weit weg.
Schauen, warten ab, was passiert, geben wenig von sich Preis, wiegen sich in Sicherheit und Langeweile, tragen rote Schuhe, lassen die Hüften kreisen. Wachsen auf in Kleinstädten und träumen vom großen Wurf, haben Hämorrhoiden, Fußpils oder Plattfüße, warum überhaupt leben, ist das zu depressiv, keine Sorge, auch das geht vorbei.
Das U blinkt mich an wie ein frecher Gott, es macht sum sum sum, die Buchstaben verrlieren den Zusammenhang, fühlen sich frei und ungezwungen, Edith Piaf weiß Bescheid, wie das so geht mit der Schwerkraft, sie bereut nix, glaube ich, der Vogelmann lacht aus vollem Herzen, der Nachbar schaut irritiert auf seinen Bildschirm, aber dieser Text ist ein Abstrakt, er wird zu anderer Zeit das Licht der Welt erblicken.
Edith kennt sich aus, nix bereut sie aber auch gar nichts und hinter meinem Rücken klappert es genauso gut wie bei mir, darum geht es, die Melodie und den Rhythmus, da passiert was, denken sie, das ist die Bohème, sagte Henry Miller, arm und verhurt, jeder fickt mit jedem aber das ist langer her und wir können uns das nicht mehr vorstellen, unsere Zeit ist von der Fantasie befreit worden aber sowas von, alles können wir sofort nachschauen und nichts mehr
(Autor unbekannt, möglicherweise ich selbst, Lesen Schreiben Trinken L.S.T., Nationaltheater Mannheim, 15 September 2018)